Blick über den Tellerrand: Jübek

Unsere letzte Fahrt in diesem Jahr führte uns im September nach Jübek in eine zwar kleine, aber besonders schöne Kirche. Man muss schon genau hinsehen, um sie zu finden.

Sie hat keinen hohen Turm. Sie ist ein kleiner achteckiger Zentralbau in Backstein mit einem Zeltdach. Auf der Spitze steht eine offene Laterne, in der die Glocke hängt. Darüber befindet sich ein zwiebelförmiges Dach aus grünem Kupfer.

Wir wurden von zwei Damen erwartet, einer Kunsthistorikerin und einer Kirchenvorsteherin, die uns ausführlich die Entstehungsgeschichte des Gebäudes erklärten: Vor 100 Jahren wurde die Kapelle von dem Architekten Wilhelm Voigt nach den neuen Vorstellungen der Heimatschutz-Architektur gebaut. Es gab 1903 einen Aufruf zur Gründung eines Heimatschutzbundes, der die überlieferte ländliche und bürgerliche Bauweise pflegen und erhalten sollte.

1907 erließ Kaiser Wilhelm ein Gesetz gegen die Verunstaltung von Ortschaften und Landschaften. Denn im 19. Jahrhundert begann das Zeitalter der Erfindungen und Technisierung: Dampfmaschine, Elektrizität, Chemie usw. Außerdem galt seit 1860 die Gewerbefreiheit, in deren Folge u.a. Baugewerksschulen entstanden. Aus dem individuellen Handwerk entwickelte sich zum Teil eine fabrikmäßige Industrie. Dagegen wandte sich die Heimatschutz-Architektur, die nur bisher ortsübliche Baumaterialien verwenden wollte: rote Ziegelsteine, weiße quadratische Sprossenfenster und kupfergrüne Farbe für Gauben und Türen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Heimatschutz kein Thema mehr, vielmehr suchten die Architekten Anschluss an den modernen internationalen Stil aus Beton und Glas.

Die Jübeker Kirche hat einen achteckigen Grundriss. Gegenüber der Eingangsseite befindet sich der Altar, darüber wie ein kleiner Balkon die Kanzel. Links und rechts fällt durch jeweils drei große weiße Sprossenfenster sehr viel Licht in den weiten Raum, was durch die weißen Wände und die hohe Kuppel noch verstärkt wird. Die acht Ecken werden durch acht auf Podesten stehende weiße Säulen betont. Der Altarbereich ist durch eine Stufe erhöht und damit vom übrigen Raum abgegrenzt.

Zum Geburtstag nach 100 Jahren ist die Kirche renoviert worden mit sehr dezenten warmen Farbtönen, die die besondere Architektur betonen und einen gemütlichen Eindruck erwecken.
Zum Abschluss dieses Ausfluges gab es Kaffee oder Tee und Kuchen in dem nahegelegenen „Café mit Stiel“, das einer Gärtnerei angegliedert ist. In dem weitläufigen Gebäude gab es außer Blumen und Pflanzen noch so mancherlei zu sehen und zu kaufen.

Ingeburg Backsen

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.