Pfingsten – das Fest des Heiligen Geistes. Das Pfingstwunder, als Gott seinen Geist über die Jünger Jesu ausgegossen hat, so dass sie wieder öffentlich aufgetreten sind und von dem erzählt haben, der ihnen wichtig war: Jesus Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene.
Heiliger Geist – nicht sehr viele können mit dieser Erscheinung Gottes etwas anfangen. Gott der Vater, der Schöpfer: ja gut! Und Gott der Sohn, Jesus Christus: kennen wir! Aber Gott der Heilige Geist?
Mit scheint es manchmal so, als ob unsere Welt eher von allen Geistern, besonders von den guten, verlassen ist. Wie anders sollte man sonst verstehen, dass die Kriege immer mehr zunehmen, dass Demagogen mit vereinfachenden Parolen großen Zulauf haben, dass die Schwarz-Weiß-Malerei auch in unserer Gesellschaft zunimmt und die Buntheit unserer Welt aus dem Blick gerät? Gerade in unserer Zeit, jetzt im Jahr 2024, hätten wir den Heiligen Geist, der unter uns wirkt, nur allzu nötig!
Ein bedeutender Mann hat davon geschrieben, was genau der Heilige Geist sein könnte im Leben eines Menschen. Der Mann heißt Augustin oder, lateinisch, Augustinus (354–430 n. Chr.). Er lebte etwa um 400 nach Christus und gilt heute als bedeutender „Vater der Kirche“.
Geboren worden ist Augustin im heutigen Algerien. Als Kind war er eher wild und ungestüm. Seine Mutter Monica war wohl zeitlebens Christin, sein Vater ließ sich kurz vor seinem Tod taufen. Augustin selber studierte, auch in Rom, und war lange Zeit Lehrer für gutes Sprechen und die Kunst der öffentlichen Rede. Erst mit etwa dreißig Jahren erinnerte er sich an die Religion seiner Kindheit, von der Mutter gelehrt, und soll ein wichtiges Erlebnis gehabt haben, von dem er selbst schreibt – eine Art Bekehrung. Genauer gesagt: Er empfand sein bisheriges Leben als bedeutungslos und leer. Und änderte sein Leben. Er wurde ruhiger, lebte enthaltsamer und gründete ein Kloster, in dem er selber auch lebte. Jahre später wurde er Bischof von Hippo in seinem Heimatland Algerien. Augustin starb mit 76 Jahren und ist heute in Norditalien bestattet.
Von diesem dann immer berühmter gewordenen Bischof Augustin stammt ein kleiner Text, in dem er wunderschön darlegt, finde ich, was Gaben des Heiligen Geistes sein können. Augustin schreibt, ein glaubender Mensch solle:
„Unruhestifter zurechtweisen / Kleinmütige trösten / sich der Schwachen annehmen / Gegner widerlegen / sich vor Nachstellern hüten / Ungebildete lehren / Träge wachrütteln / Händelsucher zurückhalten / Eingebildeten den rechten Platz anweisen / Streitende besänftigen / Armen helfen / Unterdrückte befreien / Gute ermutigen / Böse ertragen / und – ach: alle lieben.“
Zwei wichtige Dinge lerne ich aus diesem Text des Augustin. Das eine: Wir sollen unseren Glauben nicht verstecken. Es ist ein Glaube, der sich in der Gemeinschaft ereignet – ein Geist, der wirklich unter uns wirken will, uns trösten, ermutigen und auch verändern will. Niemals müssen wir bleiben, wer wir sind. Immer gibt es Gelegenheit, anders und besser zu werden im Geist Gottes. Der Heilige Geist ist ein großes Füreinander. Wir geben einander nicht auf; wir achten aufeinander; wir versuchen, einander zu helfen, zu mahnen und zu stärken. „Wir“ sind hier wirklich „wir“ – in unserer Gemeinde, in dem Ort, in dem wir wohnen als Nachbarn und Bekannte. Der Heilige Geist ist ein großes Füreinander.
Und das Zweite, was ich aus dem kleinen Text von Augustin lerne, ist der Seufzer am Schluss. Das viele Aufzählen von kleinen und guten Werken hat nur einen, tiefen Sinn: Ich soll mich bemühen zu lieben. So klingt der Seufzer am Schluss: Ach, was soll‘s, einfach alle lieben.
Ich kannte einen Mann, der hat einmal sinngemäß zu mir gesagt: „Wenn ich ängstlich bin oder Sorgen habe, dann hilft es mir, wenn ich kleine Zeichen der Liebe setze; wenn ich eine Karte oder einen Brief schreibe, jemandem ein Geschenk mache oder einfach irgendwohin unter Leute gehe, um ein bisschen freundlich sein zu können.
Ich tue das weniger für die anderen; ich tue das eher für mich. Ich brauche dann einfach diese kleinen Zeichen der Liebe, damit ich mich daran festhalten kann.“
Mit kleinen Zeichen der Liebe oder der Fürsorge hält man sich fest am guten, heiligen Geist, bittet um ihn – und dann fällt einem auch ein, was man Gutes tun könnte, das glaube ich.
Gottes Geist lässt die nie allein, die um ihn bitten. Er festigt die Menschen, die sich um Liebe bemühen, gibt ihnen Halt. Wer den Heiligen Geist des Füreinander sucht, wirklich sucht, wird ihn auch finden. Wer liebt, weiß Gott an seiner Seite.
Ihnen und euch allen eine gesegnete Frühlings- und Sommerzeit!
Ihr und euer
Ralf Pehmöller