Gott kommt leise

Einen Weihnachtsmann gab es nicht im Stall von Bethlehem. Der gehört zum Schmuck von Weihnachten – wie so vieles. Die Geburt Jesu hat über die Jahrhunderte in vielen Ländern und bei unzähligen Menschen eine Welle der Fantasie ausgelöst, die sich jedes Jahr weiterentwickelt, verändert und austauscht. Manches kommt aus anderen Ländern zu uns wie der Außenschmuck ganzer Häuser und Gärten; manches geben wir an andere Länder weiter – zum Beispiel das Lied „Stille Nacht“. Weihnachten ist ein Weltfest. In den letzten Jahrzehnten kann man beobachten, dass es lauter wird. Eine gewisse Innigkeit geht allmählich verloren oder beschränkt sich auf einige wenige Stunden in den Häusern und Wohnungen.

Dabei geht es um Innigkeit. Der Kern des weihnachtlichen Feierns ist leise: Gott kommt unscheinbar zur Welt; in einem unscheinbaren Ort. Der Ort Betlehem hat staatliche Gründe: eine Volkszählung, wie der Evangelist Lukas erzählt (2,1). Und der übertreibt gleich mal: nicht „alle Welt“ wird geschätzt, sondern Menschen im Reich der Römer, und dort vermutlich auch nicht alle. Das bedeutet, dass die Übertreibungen schon am Anfang beginnen. Das Unscheinbare muss ausgestattet werden mit Bedeutung und Übertreibung, damit es zur Kenntnis genommen wird.

Die Wahrheit ist schlichter – wie so oft in unserem Leben. In Betlehem kommt ein Kind zur Welt, das Gottes Sohn sein soll. Damit das Menschen erkennen, wird alle Jahre wieder kräftig auf die Pauke gehauen. Dabei braucht Gott keinen Lärm, keine Fanfaren. Gott kommt leise. Gott ist leise da.

Weihnachten, das Weltfest, braucht immer noch die Innigkeit, damit es unser Herz erreicht. Wir können Gott nur leise empfinden. Gott ist eher nicht im Lärm und im Schmuck der Welt. Der Schmuck ist oft schön, er lenkt aber auch ab. Manchmal ersetzt er die Innigkeit. Es gibt ja Menschen, die können nicht mehr so richtig still sein. Vielleicht fürchten sie dann, etwas zu sehen oder zu spüren, was sie nicht sehen und spüren möchten. Stille ist schwer geworden.

Stille ist aber doch Gottes Weg zu uns. Anders gesagt: Wir spüren ihn eher in der Stille. Also, da, wo wir auch ängstlich sein können und befürchten, etwas zu sehen, was wir nicht sehen wollen. Dahin kommt Gott, da erfahren wir ihn. Da ist Weihnachten am innigsten.

Erst da können wir wirklich mit dem Herzen hören, was Gott uns Weihnachten sagen will: Du bist nicht ohne mich. Der HERR ist dein Schatten über deiner rechten Hand. So sagt es ein wunderschönes Bild aus dem Alten Testament (Psalm 121,5). Und weil das natürlich keine Drohung sein soll, heißt es gleich auch noch: Der HERR behütet dich.

Weihnachten zeigt Gott seinen Schutz, den er immer schon versprochen hat. Er zeigt ihn, weil er nun als Mensch bei uns ist. Weil sein Geist unter uns bleibt, auch wenn Jesus nicht mehr auf Erden ist. Gott ist wie Schatten über unserer Hand. Vom ersten Tag bis zum letzten. Dieses innige Wunder ist nicht so einfach zu verstehen, wie alle Wunder. Darum strengen wir uns an, es nach außen zu tragen mit allerlei edlem Schmuck und mancherlei seltsamen Schnickschnack. Manchmal überdeckt und überstrahlt das die Innigkeit. Sie bleibt aber, auch wenn sie überdeckt ist. Und sie heißt: Gott behütet dich. Verlass dich darauf.

Ihr und euer Ralf Pehmöller

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